Mütter, Frauen, Kinder, und andere Missverständnisse! - Filme von IDEMITSU Mako
Mako Idemitsu | JP 2023 | 45 min | OmeUAnother Day of a Housewife (1977)
Video, Farbe, 9min 50sec.
The Marriage of Yasushi (1986)
Video, Farbe, 25min50sec.
Mako Idemitsu wurde 1940 in Tokio geboren. Sie studierte an der Waseda-Universität in Tokio und an der Columbia-Universität in New York. Von 1963 bis 1975 lebte Idemitsu in den Vereinigten Staaten, wo sie sich mit Jungscher Analyse und feministischen Studien beschäftigte, heiratete und zwei Kinder bekam. Ihre Arbeit begann sie zunächst mit Analogfilm, wechselte dann aber zu Video, da sie dort innerhalb der technischen Möglichkeiten und Optik eine genauere Umsetzung ihrer Themen erkannte.
Idemitsu thematisiert mit ihren Filmen die Art und Weise, wie Frauen innerhalb der eigenen Familie zur Weiblichkeit erzogen werden; wie verheiratete Paare sein sollten, wo Hausfrauen nur Hausarbeit erledigen sollten, und wie eine von ihrem Mann enttäuschte Frau die gemeinsamen Kinder großzieht. Dabei konzentriert sie sich erschreckend aktuell auf das Thema des sogenannten Muttersöhnchens, das völlig persönliches mütterliches Eigentum ist, ernsthaft und ironisch zugleich. Ihr gestalterischer Einfallsreichtum hierbei entspricht einer intimen Positionierung des heutzutage gewohnten Videomonitors in der Sphäre der privaten Häuslichkeit. Sowohl ironisch als auch ergreifend kontextualisiert Idemitsu die persönlichen und gesellschaftlichen Konflikte der weiblichen Identität innerhalb des täglichen Lebens und der medialen Kultur Japans.
Idemitsu verwendet nicht nur suggestive und symbolische Bilder, sondern schafft dramaturgische Werke, welche die unterdrückte Stellung von Frauen in einer von Männern dominierten Gesellschaft durch Dialoge direkt kritisieren und auch persiflieren. Die hierbei experimentelle Methode, einen Fernsehbildschirm zu zeigen und diesen innerhalb einer Geschichte interagieren zu lassen wurde zu Idemitsus gestalterischem Markenzeichen. Ihre Werke wurden in Japan und international auf Festivals und in Institutionen wie Los Angeles Contemporary Exhibitions (LACE), National Museum of Art, Osaka, im Centre Georges Pompidou, Paris, bei der Venedig Biennale, oder der Documenta in Kassel, ausgestellt. Ihre Werke befinden sich in den ständigen Sammlungen zahlreicher Museen, darunter das Fukuyama Museum, Tokio, das Zentrum für Kunst und Medien, Karlsruhe (ZKM), oder das Museum of Modern Art, New York. Mako Idemitsu lebt in Tokio.
– Claudia Siefen-Leitich
Another Day of a Housewife (1977)
Video, Farbe, 9min 50sec.
Mit: Mako Idemitsu
Die Videoarbeit zeigt die alltäglichen Aktivitäten einer Hausfrau, wobei Idemitsu sich hier selbst filmt. Interessant bei Idemitsus Umsetzung ist dabei, dass in jeder Szene irgendwo immer ein Fernseher zu sehen ist. Dort zeigt sich in beständiger Großaufnahme ein aufmerksames Auge. Wird die Protagonistin von jemandem beobachtet? Werden gar wir als Zuschauer beobachtet? Oder starrt uns da unser eigenes inneres Auge an, um sich irgendwann zu fragen, ob das alles hier so in Ordnung ist? Dazu schreibt Idemitsu: „Dieses Video entstand in jenen Tagen, als ich es wirklich satt hatte, eine Hausfrau zu sein. In der endlosen Wiederholung der routinemäßigen Hausarbeit bemerkte ich, dass ein anderes „ch“ das „Ich“ der Hausfrau beobachtete. Wer bin ich? Was bedeutet es, zu leben? Diese Fragen wollte ich mit anderen teilen.“
– Claudia Siefen-Leitich
The Marriage of Yasushi (1986)
Video, Farbe, 25min50sec.
Mit: Sumie Ozawa, Kenji Hamamoto, Hiroshi Sugita, Yumi Sakanushi.
Kamera: Michael Goldberg
Übersetzung: Alfred Birnbaum
Ob beim Frühstück, im Bett, oder im Garten: Mama ist immer dabei und diskutiert das eheliche Privatleben ihres Sohnes via TV-Bildschirm. Egal wie intim es auf dem Schirm zugeht, Mama schaltet sich ein, sobald sie dies für nötig hält. Die junge Ehefrau wird von ihr als Konkurrenz wahrgenommen, die es zu ignorieren gilt. Manchmal beschwichtigt der Vater, bleibt aber ansonsten eher desinteressiert am Treiben seiner Frau und seines Sohnes. Eine scharfe kritische Vision der starren Geschlechterrollen in der traditionellen japanischen Familie, wie sie durch ödipale Konflikte ausgetragen werden: Nachdem Yasushi sein Zuhause verlässt, um eine junge Frau zu heiraten, führt seine starke Bindung an seine Mutter, die von ihrem Ehemann sowohl missbraucht als auch vernachlässigt wird, schließlich zum Scheitern seiner Ehe. Die Konflikte werden weitergereicht.
– Claudia Siefen-Leitich
Dank an: Katsuyuki Hattori (Studio Idemitsu); Ann Adachi-Tasch, Mia Parnall (Collaborative Cataloging Japan).